Diese Ansichtskarte zeigt das Hotel Kurhaus Flühli im Jahr 1921. / Bild: zvg
Flühli: Das Entlebuch weist eine reiche Geschichte von Heilquellen, Bädern und Kurhäusern auf. Das Hotel Kurhaus Flühli ist ein Beispiel dafür, wie an einem Vortrag zu erfahren war.
Im restaurierten Saal des Kurhauses Flühli begrüssten drei Musiker des Sinfonieorchesters Luzern die Gäste. Durch ihre Musik fühlte man sich sogleich zurückversetzt in die glorreichen Zeiten des Kurhauses. Man konnte förmlich die eleganten Damen in ihren langen Röcken, schwingenden Capes, stets komplettiert mit einem hübschen Hut und oft mit Spitzenhandschuhen, an einem Kaffee nippend im Saal sitzen sehen. Die Herren hingegen flanierten in korrekter und zurückhaltender Kleidung, die sich im Zuge der aufkommenden Technisierung und Industrialisierung zunehmend versachlicht und vereinheitlicht hatte, durch den Kastanien-Baskett-Garten und den Kurpark der Waldemme entlang.
Ja, das Kurhaus Flühli ist ein einzigartiges Beispiel eines modernen Heilbades am Fusse der Voralpen. Bereits 1792 wurde das Wirtshaus Kreuzbuche erstellt, welches als einziges das Wirt- und Schankrecht im Tal hatte. Dieses war Vorgängerin des Kurhauses Flühli. Anlässlich der Versammlung der Historischen Gesellschaft Entlebuch wussten Guido Schumacher, Schüpfheim, und Thomas Krebs, Topothekar und Stiftungsrat des Schweizerischen Hotelarchivs, viel Interessantes zum Thema zu berichten.
Bäder und Kuranstalten
Das Entlebuch ist eine quellenreiche Landschaft. Neben vielen Trinkwasserquellen besitzt es auch eine ansehnliche Zahl von Mineralquellen. Bereits die Griechen und Römer bauten bei solchen Mineralquellen öffentliche Badeanstalten, sogenannte Thermen. Im Entlebuch entstanden solche Badehäuser in Doppleschwand um 1481, in Romoos um 1628 oder in Werthenstein / Wolhusen um 1816. Hier wurde den Gästen von «Badern» der Kopf geschoren und gewaschen, es wurde massiert, geschröpft und Wunden behandelt. Später entwickelte sich das Baden zum Kuren, und so entstanden die ersten Badeanstalten. In der Umgebung waren das unter anderen Luthern-Bad, Schwendi-Kaltbad oder Kemmeriboden-Bad. Das Entlebuch kennt sogenannte kalte Quellen. Die stärkste Natrium-Schwefelquelle der Schweiz, die heute noch gefasst wird, ist beim Schimbrig zu finden. Hier wurde ab 1854 eine grosse Kuranstalt mit 160 Betten, Kegelbahn, Billardsaal und vielem mehr errichtet. Nach einem Brand im Jahr 1933 ist dort nur noch eine grosse, plane Fläche übriggeblieben. Eine eisenhaltige Quelle gibt es bei Badschachen in Schüpfheim. Die Erfolgswelle der Bäder wollte weiter geritten werden, weshalb Luftkurorte Mode wurden. Zu diesen gehört auch das Kurhaus Flühli. In diesen Kurhäusern wurden Ziegenmilch- oder Molkekuren angeboten. Und natürlich pries man die gesunde, saubere Luft. Das Kurhotel Flühli besitzt zusätzlich aber auch noch eine Schwefelquelle.
Nach den Glasern kamen Touristen
1723 zogen die ersten Glaser ins Waldemmental. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wanderte auch Glaser Eugen Enzmann vom Schwarzwald her in die Schweiz und liess sich in Flühli nieder. Hier kaufte er das Wirtshaus Zur Kreuzbuche und wurde Hotelier. Sein Sohn Leo baute die «Kreuzbuche» um und errichtete das Kurhaus Flühli. Als 1869 die Glasproduktion im Waldemmental wegen der enormen Abholzung endete, standen die Zimmer nicht lange leer. Der Sommertourismus setzte Ende des 19. Jahrhunderts, in der sogenannten Belle Epoque, ein. Nun strömten Gäste aus Deutschland, Italien, Russland, Polen, den Niederlanden, England, Frankreich, der Türkei und sogar aus Ägypten ins Entlebuch. Darunter waren Adelige, Barone, Prinzessinnen, Herzoge und Politiker. Die Belle Epoque endete abrupt mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Damit verloren die Badehäuser ihre Gäste und waren langsam dem Untergang geweiht.
Ein besonderer Gast
Ab 1915 weilte Wladimir Iljitsch Uljanow (Lenin) mit seiner Frau im Hotel Mariental in Sörenberg. Im Mittelpunkt stand neben seiner Wanderlust sein politisches Schaffen. Zusammen mit seiner Geliebten, Inessa Armand, die im Kurhaus Flühli untergebracht war, schrieb er unzählige Briefe und brachte diese gemäss mündlicher Überlieferung per Fahrrad nach Schüpfheim. Von Sörenberg aus organisierte Lenin 1915 auch die berühmte Zimmerwald-Konferenz.