Das Hauptthema war gar nicht traktandiert

Das Hauptthema war gar nicht traktandiert
Das Quartier Talacker kann mit dem ersten Heizkessel versorgt werden. Um die Gemeindeliegenschaften zu heizen, ist ein zweiter nötig. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Grosshöchstetten: Die Traktanden der Gemeindeversammlung lauteten Budget, Löschfahrzeug und Schülertransport. Das grosse Thema war aber das Nein zum Kredit für den Wärmeverbund.

Wie nicht anders zu erwarten war, stand die Gemeindeversammlung vom vergangenen Donnerstag insbesondere auch im Zeichen der für den Gemeinderat verlorenen Abstimmung über den 4-Millionen-Kredit für den Wärmeverbund. Es sei «ein schwer verdauliches Resultat», eines «gegen das Vorgehen», sagte Gemeindepräsidentin Christine Hofer zu Beginn des Anlasses. «Wir werden sehen, wo wir Korrekturen machen können.» Sie sei froh, dass die Legislatur erst 2025 zu Ende gehe und somit Schlüsse aus diesem Resultat gezogen werden könnten. Erst nach diesen Worten wurde vor den 101 Versammelten (3,3 Prozent der Stimmberechtigten) zur Traktandenliste geschritten. Es gebe im Unterschied zum letzten Jahr keine Steuererhöhung, erklärte die für Finanzen zuständige Gemeinderätin Caroline Devaux und präsentierte ein Budget, das für nächstes Jahr ein Defizit von etwas über 100´000 Franken vorsieht. Bildung (3,7 Millionen Franken) sowie soziale Sicherheit (3,3 Millionen) sind die grössten Ausgabeposten. Ansteigen auf 3,8 Millionen werden aber auch die in allen Bereichen anfallenden Personalausgaben, weil gemäss Devaux «die Gemeinde wächst und immer mehr Aufgaben übernehmen muss».


Was verdienen die Verwaltungsräte?

Fragen zum eigentlichen Budget gab es keine, jedoch wollte Grossrätin Karin Berger-Sturm (SP) wissen, wie hoch die Entschädigung für die als Verwaltungsräte der Energie Grosshöchstetten AG (ENGH) amtierenden Gemeinderäte sei. Eine Antwort in Zahlen blieb Gemeindepräsidentin Christine Hofer schuldig, sie erklärte aber, dass die betreffenden Gemeinderäte bei den entsprechenden Verhandlungen im Gemeinderat selbstverständlich in den Ausstand treten müssten. Der Finanzplan, den Devaux in der Folge vorstellte und bis 2029 ein Anstieg der Verschuldung auf 31 Mil­lionen Franken vorsieht, wurde ohne Fragen zur Kenntnis genommen. Auch das Bekenntnis der Leiterin des Ressorts Finanzen, dass in Zukunft eine weitere Steuererhöhung erforderlich sei (Steuerfuss heute 1,62), blieb ohne Resonanz.


Schulbus für Schlosswiler Kinder

Nicht umstritten war der Verpflichtungskredit von 70´000 Franken für den Transport der jüngeren Kinder aus Schlosswil in die Kindergärten und die Primarschule. Kritisiert wurde aber von Sandra Hächler, dass die Kinder aus dem Schlosswiler Ortsteil Nest nicht mehr transportiert werden sollen. Das entspreche den Vorgaben des Kantons, erklärte Gemeinderat Peter Däpp, versprach aber, dass man gemeinsam eine Lösung finden und der Schulbus sicher nicht leer an den in Nest wohnenden Kindern vorbeifahren werde. Ohne Gegenstimme bewilligt wurde darauf auch der Verpflichtungskredit von 225´000 Franken für ein neues Kleinlöschfahrzeug am Standort Schlosswil.


Freiwilligenarbeit für Flüchtlinge

Im alten Spital des Neuhusparks wird am 1. Januar eine Unterkunft für Flüchtlinge eröffnet. «Es sind Personen, die sich schon an das Leben in der Schweiz gewöhnt haben», sagte Hofer dazu. Es existiere bereits ein «Tschüppeli» Leute, die sich für Freiwilligenarbeit zur Verfügung gestellt hätten. Ende Februar?/Anfang März sei ein Runder Tisch geplant, an dem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger eingebracht werden könnten. Die Gemeinde habe grosses Interesse, dass sich die Flüchtlinge so gut wie möglich integrierten. Die ENGH war bei den Orientierungen und danach (siehe Kasten) ein Thema, aber mittendrin wurde Geschäftsleiter Beat Graf, laut Hofer eine «vorausschauend kreative Führungspersönlichkeit» verabschiedet. Er war seit 2008 im Amt, wird jetzt Gemeindeschreiber in Spiez, bedankte sich für die «schöne Zeit» und wünschte Grosshöchstetten alles Gute.

GPK: Alles «rechtens» bei der ENGH

Zur Situation der Energie Grosshöchstetten AG (ENGH) nahm bei den Orientierungen Verwaltungsratsprä-sident und Gemeinderat Magnus Furrer Stellung. «Das Nein hat uns in eine schwierige Situation gebracht», erklärte er, die liquiden Mittel seien knapp, aber eine Liquidation stehe nicht bevor. Der Ast für die Versorgung Talacker werde 2025 fertig gebaut. Damit sei der erste Heizkessel ausgelastet. Für den Anschluss der Gemeindeliegenschaften brauche es einen zweiten Heizkessel. Punkto Finanzierung sei «die Lösung noch nicht parat», möglich seien Fremdfinanzierung, Teilverkauf oder auch Auslagerung. Wolfgang Freyer, Präsident der Geschäftsprüfungskommission, stellte den von der GPK erarbeiteten zweiten Zwischenbericht zum Thema Wärmeverbund vor. Er erklärte, der Gemeinderat habe in allen Entscheidungen «rechtens» gehandelt und habe «keine Kreditkompetenzen überschritten», aber «seine Spielräume bis an die Grenzen» ausgenutzt. Ein Interpellant aus der Mitte der Versammlung fand, das ganze Geschäft sei «schlimm» und forderte, die Bürger müssten entscheiden können, ob die Gemeindeliegen-schaften an den Wärmeverbund anzuschliessen seien. Worauf Ge-meindepräsidentin Hofer sagte, der Gemeinderat wolle die Bevölkerung ins Boot holen, er könne es sich nicht mehr leisten, «an den Bürger-innen und Bürgern vorbeizupoli-tisieren». Kein Thema an diesem Abend war, dass das Baugesuch für die Leitungen zur Überbauung Talacker bereits im Amtsanzeiger von Konolfingen vom 5. Dezember 2024 publiziert worden ist. Auf Nachfrage erklärte Furrer gegenüber der «Wochen-Zeitung», ein Baugesuch werde ohne Angaben zur Finanzierung eingereicht, aber die Abklärungen zur Geldbeschaffung seien im Gang.

19.12.2024 :: Rudolf Burger (bur)