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Jesus, ein Migrant

Die Vorfreude auf Weihnachten wächst, die Vorbereitungen sind schon weit fortgeschritten. Bald feiern wir das wohl grösste Fest in unserer Gesellschaft. Für viele ist es ein Fest der Familie, das zu Hause in trauter Gemeinschaft gefeiert wird.

Das ist ein grosser Kontrast zur Weihnachtsgeschichte in der Bibel. Da ist keine Rede von einem Fest in der warmen Stube. Jesus kommt in prekären Verhältnissen zur Welt: in einer kalten Winternacht in einem Stall an einem fremden Ort. Maria und Josef sind von ihrem Zuhause in Nazareth nach Betlehem gereist, um sich gemäss Befehl von Kaiser Augustus in Steuerlisten einzutragen. Kurz nach Jesu Geburt muss die junge Familie nach Ägypten fliehen, um dem Gewaltherrscher Herodes zu entkommen. Jesus ist ein Migrant, dies noch in einem anderen Sinn: Der Gottessohn verlässt den Himmel, kommt auf die Welt und wird ein Mensch. Diese Entfremdung wird im Philipperhymnus so ausgedrückt: «Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäusserte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.» Diese Gedanken sind ins Weihnachtslied «Lobt Gott, ihr Christen alle gleich» eingeflossen. Allerdings schreibt der Evangelist Johannes in seiner eigentümlichen Weihnachtsgeschichte, dass der Gottessohn «in sein Eigentum kam», also eigentlich nicht in die Fremde; schliesslich ist «die Welt durch ihn geworden», schreibt er, fährt dann aber fort, dass die Welt ihn nicht erkannte. «Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.» Der Gottessohn ist ein Migrant, seine Menschwerdung wird zu einer Erfahrung des Fremdseins. Wir können es heute anders machen, Jesus in unseren warmen Stuben willkommen heissen und allen Fremden unter uns ein Stück Heimat schenken. Dazu gilt das Wort Jesu: «Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.»

19.12.2024 :: Urs Corradini