Dem Gemeinderat «stinken» mögliche Konflikte in der Weilerzone

Dem Gemeinderat «stinken» mögliche Konflikte in der Weilerzone
Herolfingen ist ein Weiler wie er im Buche steht. Dennoch sieht der Gemeinderat von einer Weilerzone ab. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Herolfingen?/?Gysenstein: In den beiden Dörfern werden, zumindest vorerst, keine Weilerzonen entstehen – weil der Gemeinderat nach der heutigen Regelung Konflikte befürchtet.

Am Ende kann man sagen, dass dem Konolfinger Gemeinderat die Weilerzonen in Herolfingen und Gysenstein etwas «stinken». In der Tat waren es mögliche Geruchsimmissionen, die den Gemeinderat veranlassten, in den beiden Gebieten keine Weilerzonen zu errichten. Will ein Landwirt etwa einen neuen Stall erstellen, müssen sogenannte Geruchsabstände eingehalten werden. «In der Landwirtschaftszone wie auch der Weilerzone dürfen diese zwar im Vergleich zu den Wohnzonen um 50 Prozent verkleinert werden, aber sie müssen grundsätzlich eingehalten werden», erklärt Simon Buri, Gemeinderat mit dem Ressort Hochbau / Planung. Werde der Abstand unterschritten, müsse der Landwirtschaftsbetrieb geruchsreduzierende Massnahmen ergreifen, zum Beispiel der Einbau einer Filteranlage. Dass dies in Weilern, in denen nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Gebäude fürs Wohnen genutzt werden, zu Interessenkonflikten führen kann, liegt auf der Hand.


«Zusatzregelung nützt nichts»

Es sei etwas ein Widerspruch, wenn tiergerechte Ställe mit viel Auslauf und zugleich möglichst wenig störende Gerüche gefordert würden, hält Simon Buri weiter fest. In den Gesprächen um die beiden Weilerzonen sei aus der Bevölkerung die Frage aufgeworfen worden, ob man nicht eine Zusatzregelung betreffend der Geruchsabstände in den beiden Siedlungen erlassen könnte, berichtet Buri. «Die Idee ist gut und zeigt, dass man sich bemühte, eine Lösung für die Landwirtschaft wie für die Wohnbevölkerung und das Gewerbe zu finden. Bei Baugesuchen aber würden sich die kantonalen Ämter trotzdem auf die allgemein gültigen Geruchsabstände berufen.»


Wie entscheidet der Bundesrat?

Gut möglich, dass sich diese Praxis bald ändern wird. Die eidgenössischen Räte haben nämlich das Raumplanungsgesetz angepasst. Im Artikel 16 sind neue Absätze eingefügt worden:  In der Landwirtschaftszone solle die Landwirtschaft mit ihren Bedürfnissen Vorrang gegen über nicht landwirtschaftlichen Nutzungen haben. Zudem solle der Bundesrat bestimmen, in welchen Fällen ausserhalb der Bauzonen der Landwirtschaft Erleichterungen betreffend der Geruchs- und Lärmimmissionen gewährt werden sollen. «Ob und welche Auswirkungen die neuen Bestimmungen auf die Weilerzonen haben, kann heute noch nicht beurteilt werden», erklärt Daniel Wachter, Vorsteher des kantonalen Amts für Gemeinden und Raumordnung. Dies, weil der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen in der Raumplanungsverordnung noch nicht festgelegt hat. Auch Gemeinderat Simon Buri ist die Revision des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes bekannt. Es sei möglich, dass Weilerzonen für Herolfingen und Gysen­stein wieder ein Thema würden, wenn die Regelungen klarer definiert seien. «Zum jetzigen Zeitpunkt aber überwogen für den Gemeinderat die Nachteile», sagt Simon Buri und betont, dass sich der Gemeinderat die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. «Wir wussten, dass wir mit dem Nein zu den Weilerzonen einige Grundeigentümer enttäuschen werden.»


Grundeigentümer stellten Antrag

Es waren Bewohner aus Herolfingen, welche im Herbst 2017 beim Gemeinderat einen Antrag einreichten, um
in diesem Gebiet eine Weilerzone zu errichten. Nach der Eingabe wurden Informationsanlässe durchgeführt, Gespräche mit Grundeigentümern geführt, Besprechungen mit kantonalen Amts- und Fachstellen abgehalten sowie eine Umfrage wie auch eine Mitwirkung durchgeführt. «Für die Einzonung in die Weilerzone sprach, dass die Einzonungswilligen bisher nicht nutzbare Gebäudevolumen für Wohnen oder Gewerbe nutzen könnten, was im Sinn der Siedlungsentwicklung nach innen ist», schreibt der Gemeinderat Konolfingen in einer Mitteilung weiter. Und Simon Buri fügt an: «Die Debatte um die Weilerzonen hat in Herolfingen und Gysenstein sicher zu intensiven Diskussionen geführt. Ich habe aber den Eindruck, dass das Zusammenleben gut funktioniert und viel Verständnis füreinander vorhanden ist.»

Wie weiter mit dem einstigen Schulhaus?

Vom Entscheid, auf die Weilerzonen zu verzichten, ist auch das einstige Schulhaus Gysenstein betroffen. Bisher ging der Gemeinderat davon aus, dass das ehemalige Schulhaus zur geplanten Weilerzone gehören wird. «Dies wird nun aufgrund des Beschlusses hinfällig.» Künftig solle das Gebäude nicht mehr der Zone für öffentliche Nutzung, sondern der Landwirtschaftszone angehören. Und damit kommt das Raumplanungsgesetz zur Anwendung. Demnach könne die bestehende Bruttogeschossfläche zu Wohnzwecken oder stillem Gewerbe umgenutzt werden. Nicht betroffen von der Umzonung ist der Dorfplatz mit dem Spielplatz. Und erhalten bleiben solle auch ein Kulturlokal, in dem beispielsweise der Chor übt.

09.01.2025 :: Bruno Zürcher (zue)