Konolfingen: Der Durchbruch scheint geschafft: Beim Wasserbauplan Hünigenmoos haben sich alle Betroffenen auf eine Projektidee geeinigt. Frühere Planungen endeten ergebnislos.
«Und wissen Sie, was das Beste ist?», fragt Adrian Fahrni. «Am Ende, als wir abstimmten, wer alles mit der erarbeiteten Projektidee einverstanden ist, haben alle 40 Teilnehmer die Hand gehoben.» Eine derartige Einigkeit überraschte den routinierten Projektleiter des kantonalen Tiefbauamtes und freut ihn. Während Jahrzehnten wurde an einem Wasserbauplan für das Hünigenmoos (Gebiet von Konolfingen Richtung Mirchel) gearbeitet - ohne je zu einem Ergebnis zu kommen. Nun hat der Kanton einen neuen Anlauf genommen: «Reise zum akzeptierten Risiko» lautete das Motto der vier Workshops. Mitgewirkt haben Besitzer von Wohn- und Gewerbeliegenschaften, Gemeindepolitikerinnen, Vertreter von Strassen und Leitungen sowie Landwirte mit Parzellen im Hünigenmoos. Es war das erste Mal in der langen Planungs-Geschichte, dass alle Anspruchsgruppe an einem Tisch sassen. Laut Adrian Fahrni wurden zentrale Fragen geklärt: Was soll im Dorf Konolfingen geschützt werden? Was für Bauten sind dafür insgesamt nötig? Und sind diese realisierbar?
Verschieden starke Hochwasser
Als Grundlage dienten die Wassermengen, wie sie rein rechnerisch bei einem Unwetter alle 30, 100 und 300 Jahre auftreten. «Dabei zeigte sich, dass es schon einige Massnahmen brauchen wird, um für ein 30-jähriges Ereignis gewappnet zu sein», berichtet Fahrni. «Die Daten zeigten aber auch, dass Bauten für ein Hochwasser, wie es statistisch alle 100 Jahre vorkommt, nicht einen entsprechend höheren Schutz bringen würden.» In Zahlen: Mit Verbauungen für ein Hochwasser, wie es alle 30 Jahre vorkommt, werden 135 Wohn- und Gewerbehäuser geschützt - «nur» 30 Gebäude mehr sind es, wenn Schutzbauten für ein 100-jährliches Ereignis realisiert werden. Noch heftigere Hochwasser (300-jährlich) würden nach wie vor Gebäude in Mitleidenschaft ziehen.
Kleinerer Damm und neue Ideen
Die Projektidee sieht nach wie vor einen Damm vor, bei dem sich das Wasser stauen würde, damit dieses nicht ins bewohnte Gebiet fliesst. Allerdings werde dieser kleiner ausfallen als bei früheren Plänen, erklärt der Projektleiter. Einst waren mehr als fünf Meter hohe Staubauten geplant, was nicht nur bei den Landwirten, auf deren Land sich ein grosser See gebildet hätte, zu Kritik führte. Eine Änderung zu früheren Plänen ist auch, dass der Hünigenbach nicht verlegt werden muss. Dieser soll auch künftig im Bereich der Fussballplätze Inseli in den Gewerbekanal münden. In früheren Planungen wäre der Bach Richtung Hünigenmoos umgeleitet worden, was ebenfalls zu Kritik führte. Laut der nun skizzierten Projektidee solle auch die Kapazität des Gewerbekanals leicht erhöht werden - das entlastet die Chise durch das Dorf Konolfingen. Dort wird der Durchlass in einem separaten Projekt, bei dem die Bauarbeiten voraussichtlich 2026 beginnen werden, von heute 7 auf 13 Kubikmeter pro Sekunde ausgebaut.
«Das ist uns ein grosses Anliegen»
Adrian Fahrni zeigt ein Bild mit Zetteln, auf denen die Teilnehmer der Workshops aufgeschrieben haben, wie die Situation weiter verbessert werden könnte. «Konsequenter Unterhalt» wurde von allen Gruppen notiert. Gemeint ist etwa, dass angeschwemmter Sand und Kies im Hünigenmoos, wo die Chise nur ein sehr geringes Gefälle aufweist, regelmässig ausgebaggert wird. «Das ist uns ein grosses Anliegen», sagt Ueli Engel. Der Landwirt ist Präsident der Flurgenossenschaft Konolfingen-Nieder-hünigen, die sich erfolgreich gegen frühere Projekte gewehrt hatte. «Wenn die Chise in Hünigenmoos vergrössert und gut unterhalten wird, kommt es sicher zu viel weniger Überschwemmungen.» Positiv beurteilt Ueli Engel, dass sich laut der Berechnungen weniger oft und auch mengenmässig weniger Wasser am Damm stauen würde - und dadurch weniger Land beansprucht wird. «Wir sind zuversichtlich für dieses neue Projekt, auch wenn noch viele Fragen geklärt werden müssen.» Zum Beispiel? «Ob die Chise weiter entlang der Emmentalstrasse oder im Moos, am tiefsten Punkt, verlaufen soll» Frühere Projekt hatten, wenn die Chise in der Mitte verlegt würde, eine Landumlegung der Landparzellen vorgesehen, was den Bauern die Bewirtschaftung der Felder erleichtern würden. Unklar sei auch, fügt Ueli Engel an, wie es mit dem über 100-jährigen Drainagesystem im Hünigenmoos weitergehe.
«Ein Demokratie-Paradebeispiel»
Klären muss diese Fragen der Wasserbauverband Chisebach, der nun nach Abschluss des Risikodialogs das Projekt weiter vorantreiben wird. Peter Schmid, Präsident des Verbands, ist sehr zufrieden mit dem Resultat. «Die Workshops waren ein Demokratie-Paradebeispiel. Der ganze Prozess lief auch sehr anständig ab.» Wie geht es weiter? «Wir werden die Detailplanung nun neu starten. Dafür werden die Gemeinden des Verbands neue Kredite genehmigen müssen», erklärt Peter Schmid und fügt an: «Klar ist, dass wir noch zig Details klären müssen. Wir haben aber nun eine gute Grundlage und werden sicher nicht an den Direktbetroffenen vorbeiplanen.»