Langnau: Die Bevölkerungszahl in der Gemeinde steigt langsam, aber kontinuierlich an. In den nächsten Jahren werden neue Wohnungen gebaut - dann ist der Platz bald ausgeschöpft.
Still und leise hat Langnau in den letzten Monaten die magische Schwelle überschritten: Per Ende September 2024 lebten laut Einwohnerdiensten 10'002 Menschen in der Gemeinde. Was bedeutet das für Langnau? Nach landläufigem Wissen machen 10'000 Einwohnerinnen und Einwohner einen Ort zu einer Stadt - doch diese Definition ist überholt. Heute nutzt das Bundesamt für Statistik auch die Faktoren Bevölkerungs- und Arbeitsplatzdichte sowie Logiernächte, um Städte zu definieren. Nach diesem Wert sei Langnau noch keine Stadt. Und ohnehin: Die statistische Sicht sei nicht ausreichend, um Städte zu erfassen, sagt Martin Flügel, Direktor des Schweizerischen Städteverbands auf Anfrage. Ob aus einem Dorf eine Stadt werde, hänge unter anderem auch mit dem Selbstbild zusammen (siehe Kasten).
«Nicht erpicht auf Stadt Langnau»
Im Langnauer Gemeinderat ist man sich einig: «Wir sind nicht erpicht darauf, dass Langnau zur Stadt wird», sagt Niklaus Müller, Gemeinderat, Ressort Planung. Von Bedeutung sei vielmehr, dass der Ort ein Regionalzentrum sei. Das Erreichen der 10'000er-Marke habe man lediglich zur Kenntnis genommen. «Die Diskussion über den Stadtstatus würde vielleicht ab 15'000 Einwohnerinnen und Einwohnern aktuell», fügt Müller an. Dass diese Zahl in weiter Ferne liegt, zeigt ein Blick auf die Wachstumszahlen und -ziele der Gemeinde. Langnau ist langsam gewachsen. In den letzten zehn Jahren hat die Einwohnerzahl gemäss Zahlen des Kantons um gut 4 Prozent zugenommen. Dieses «moderate Wachstum» sei gewünscht, so Müller. Laut dem Räumlichen Entwicklungskonzept (REK) von 2017 strebt Langnau ein Bevölkerungswachstum von 5 Prozent innert 15 Jahren an. Wird dieses Ziel erreicht, werden 2032 zwischen 10'400 und 10'500 Menschen im Ort leben. Mehr Menschen benötigen mehr Wohnraum. «In den nächsten drei bis sechs Jahren werden insgesamt 200 bis 240 neue Wohnungen entstehen», sagt Niklaus Müller. Im Quartier Bahnhof-Süd werden rund 150 Wohneinheiten gebaut. Für dieses Projekt werde bald das Baugesuch eingereicht. Noch in der Vorprüfung beim Kanton stecken die Überbauungen am Verladeplatz beim Gerbekreisel und im Gebiet Fansrüti. Auch dort würden insgesamt bis zu 90 Wohnungen entstehen. Der Wohnungsbau ist aber begrenzt: «Die Baulandreserven sind bald ausgeschöpft», sagt der Gemeinderat.
Infrastruktur stösst an Grenzen
Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum Langnau kein grösseres Wachstum anstrebt. «Wir stossen bereits jetzt an die Grenzen mit der Infrastruktur», sagt Müller, «zum Beispiel bei den Schulhäusern.» Beim Oberstufenzentrum behilft man sich mit einem Container, um den Bedarf decken zu können. Die letzten strategischen Landreserven für Schulraum befänden sich auf der Kniematte und auf den heutigen Tennisplätzen, erklärt der Gemeinderat. Doch auch
die Finanzierung von weiteren Schulbauten wäre eine Herausforderung. Denn: «Langnau hat einen Investitionsbedarf von über 100 Millionen Franken.» Darunter fallen Projekte wie das Hallenbad und das Feuerwehrmagazin und Sanierungen von Schulhäusern. Müller: «Das Ziel muss daher primär sein, dass wir die bestehende Infrastruktur erhalten können.» Trotzdem: Langnau weist einige urbane Merkmale auf. Bereits das REK 2017 hält fest, dass das Dorf über
eine «annähernd städtische Dichte» verfügt. Auch etwa das Kinderbetreuungsangebot mit vier Kitas hat städtischen Charakter. Für Niklaus Müller zeichnet sich Langnau auch durch Offenheit sowie immer breiter gewordene kulturelle und sportliche Angebote aus. Er ist überzeugt: «Langnau wird weiterhin Menschen anziehen, die sowohl ländliche als auch urbane Qualitäten schätzen.»