Wolfgang Schatz gefällt die vielfältige Natur im Entlebuch. / Bild: Regine Gerber (reg)
Entlebuch: Der neue Direktor der Unesco Biosphäre Entlebuch, Wolfgang Schatz, muss mit weniger Geld haushalten. Visionen hat er trotzdem: Zum Beispiel ein Moorforschungszentrum.
Herr Schatz, vor zwei Monaten haben Sie die Stelle als Direktor der Unesco Biosphäre Entlebuch angetreten. Was beschäftigte Sie in der ersten Zeit?
Das Wichtigste für mich war, mich möglichst schnell in die vielfältigen Themen einzuarbeiten und die Termine im Griff zu haben. Aktuell sind zum Beispiel die Evaluation unserer Tätigkeiten im Rahmen der Erneuerung des Labels «Regionaler Naturpark» sowie die Revision des Regionalen Entwicklungsplans.
Sie waren im Hochschulbereich tätig. Welche Parallelen gibt es zur UBE?
Vor allem in der Finanzierung gibt es viele Parallelen. Hochschulen wie auch die UBE sind von öffentlichen Geldern abhängig und gleichzeitig drittmittel-finanziert. Beiderorts ist für viele Projekte eine Gegenfinanzierung nötig. Das heisst: Man erhält die Fördergelder nur, wenn man einen Teil selbst finanzieren kann. Eine weitere Parallele sehe ich in den politischen Abhängigkeiten. Bei den Hochschulen wollen viele mitreden. Auch bei der Biosphäre ist der politische Einfluss von Gemeindeverband, Kanton und Bund gross.
Als eine der ersten Amtshandlungen mussten Sie dem Gemeindeverband das Budget 2025 präsentieren – und dieses beinhaltet deutlich weniger Bundesbeiträge als bisher.
Wir bekommen jährlich noch 800´000 Franken (bisher 1,065 Millionen) vom Bund für Projekte im Bereich Natur, Biodiversität und Landschaft; hochgerechnet auf das Gesamtbudget entspricht dies einer Reduktion von acht Prozent. Das liegt daran, dass die Finanzhilfen für «Regionale Naturparks» gedeckelt sind. Weil in der Schweiz zwei neue Naturparks entstanden sind, wurden für mehr Projekte Gelder beantragt und die UBE erhält nun weniger. Die Bundesbeiträge sind für uns wesentlich – die Biosphäre wird zu einem grossen Teil durch sie finanziert. Die Anteile von Kanton und Gemeinden am Gesamtbudget betragen «nur» 37 Prozent.
Welche Konsequenzen haben die gekürzten Bundesbeiträge für die UBE?
Weniger Geld bedeutet, dass wir weniger Projekte umsetzen können. Wir versuchen auch, Sachkosten einzusparen – aber hier ist der Spielraum nicht gross. Und wir mussten Personalkosten reduzieren.
Zu den Sparmassnahmen gehörten Entlassungen?
Bereits unter der Leitung meiner Vorgängerin wurde beschlossen, 90 Stellenprozente auf drei Stellen verteilt einzusparen. Diese Änderungskündigungen wurden auf Ende Jahr umgesetzt und hatten Abgänge zur Folge.
Haben Sie trotz der finanziellen Si-tuation Spielraum für neue Projekte?
Die Bundesbeiträge sind an bestehende Projekte oder Aufgaben gebunden. Wir versuchen aber, weitere Finanzierungsquellen zu finden. Denn Pläne haben wir schon: Ein Projekt, das ich von meiner Vorgängerin übernommen habe, ist, ein Besucherzentrum einzurichten. Ich möchte vorwärts machen: Spätestens in fünf Jahren soll es in der Biosphäre ein Besucherzentrum geben, das den Namen auch verdient.
An was ist es bisher gescheitert?
Vor allem an der politischen Diskussion über die Standortgemeinde respektive den konkreten Standort. Wir müssen hier – wie auch bei anderen Projekten – die Gemeinden von Anfang an besser einbinden, um Konflikte zu vermeiden und die Finanzierung vorgängig sicherzustellen.
Haben Sie eine Vision, wie sich die UBE weiterentwickeln soll?
Ich möchte die Bereiche Bildung und Forschung stärken und sichtbarer machen; die Biosphäre Entlebuch ist nicht nur eine Tourismusorganisation, zum Beispiel auch im Bereich Naturschutz machen wir viel. Mir schwebt vor, ein Moorforschungszentrum einzurichten — einen Forschungs-Hotspot, ähnlich wie es die Vogelwarte Sempach im Bereich der Vogelkunde und des Vogelschutzes ist.
Steht eine stärkere Gewichtung des Naturschutzes in Widerspruch zur Tourismusförderung?
Im Gegenteil – ich bin von den Synergien zwischen Naturschutz und Tourismus überzeugt. Die Landschaft ist das touristische Kapital im Entlebuch. Ein Ziel der Biosphäre ist es, eine Modellregion für nachhaltigen Tou-rismus zu werden. Hier besteht ein Markt, der in der Schweiz noch wenig bedient wird.
Die UBE gibt es seit bald 25 Jahren. Wie blicken Sie auf das Jubiläum im nächsten Jahr?
Das Jubiläum ist ein Grund zu feiern. Und ich sehe es auch als Gelegenheit an, der Bevölkerung die Bedeutung der UBE wieder in Erinnerung zu rufen. Von Gemeindepolitikern höre ich, dass Sinn und Zweck der Biosphäre etwas in Vergessenheit geraten sind. Viele Dienstleistungen sind selbstverständlich geworden und werden nicht mehr mit uns in Verbindung gebracht. Es ist unsere Aufgabe, zu vermitteln, was wir eigentlich tun. Denn: Die Biosphäre ist eine Erfolgsgeschichte, sie hat viel Wertschöpfung und Initiativen für die Region gebracht. Die Gemeinden und die Bevölkerung dürfen stolz darauf sein.