Schwer kranken Menschen die verbleibende Lebenszeit erleichtern

Schwer kranken Menschen die verbleibende Lebenszeit erleichtern
Barbara Affolter (links) und Maya Monteverde im Gespräch mit einem Patienten. / Bild: zvg
Emmental: Am Spital Langnau wird neu spezialisierte Palliativmedizin angeboten für unheilbar kranke Menschen in komplexen Situationen. Verschiedene Fachbereiche arbeiten zusammen.

Ab dem 1. März stehen im Spital Langnau drei Betten für die Palliativmedizin zur Verfügung. Behandelt werden dort Patientinnen und Patienten mit unheilbaren, fortschreitenden oder lebensbedrohenden Krankheiten, die eine Behandlung im Spital erfordern. «Bei uns werden ausschliesslich Menschen in komplexen Situationen hospitalisiert.», sagt Barbara Affolter. Sie hat die Palliativ­medizin bereits am Spital Burgdorf aufgebaut und wird künftig vermehrt in Langnau arbeiten. Behandelt würden Menschen mit Problemen auf mehreren Ebenen. Barbara Affolter macht ein Beispiel: Bei einem Krebspatienten bekommt man die Schmerzen und Übelkeit mit konventionel-len Mitteln nicht in den Griff. Er ist psychisch stark belastet und seine Familie aufgrund der zunehmenden Symptome am Anschlag.


Warteliste verkürzen

Bisher seien solche Leute in Langnau wenn möglich auf der inneren Medizin behandelt worden – teils mit ihrem telefonischen Support. Das genüge aber nicht immer, deshalb hätten die Patientinnen manchmal nach Burgdorf verlegt werden müssen, erklärt Affolter. Das sei belastend für die Betroffenen. Zudem gebe es für die fünf Betten in Burgdorf eine Warteliste. Die Ärztin ist deshalb froh, dass nun in Langnau drei Plätze für die Palliativmedizin zur Verfügung stehen. Leitende Ärztin ist Petra Mair, zum Team gehört nebst Barbara Affolter auch Maya Monteverde als Advanced Practice Nurse (akademisch weitergebildete Pflegeexpertin). So ist nun von Montag bis Freitag immer jemand mit Spezialausbildung aus dem ärztlichen Team vor Ort. Palliative Care sei eine multiprofessionelle Disziplin, führt Affolter aus. Beteiligt seien nebst Pflege und Ärzteschaft etwa die Physiotherapie, Psychiatrie, Seelsorge, Ernährungsberatung und Sozialberatung. «Bereits beim Eintrittsgespräch geht es nicht nur um die körperlichen Beschwerden, sondern auch um psychische und soziale Belastungen.» Man definiere Ziele, bespreche, welche Therapien Sinn machten und schaue, ob der Patient Unterstützung aus seinem Umfeld erhalten könne.


Vorbehalte und Ängste

Ein besonderes Augenmerk gilt den Angehörigen. «Wir wollen wissen, wie es ihnen geht und ob sie Hilfe benö­tigen», sagt Affolter. Auch wenn das weitere Vorgehen besprochen werde, würden die Angehörigen mit am Tisch sitzen. Denn etwa die Hälfte der Pa­tientinnen und Patienten kehre nach dem Spitalaufenthalt nach Hause zurück oder trete in ein Heim ein. Die andere Hälfte verstirbt im Spital. Die Aufenthaltsdauer in der Palliativmedizin beträgt im Durchschnitt 14 Tage. 

Sie stelle oft fest, dass Patienten und Angehörige Vorbehalte gegenüber der Palliativmedizin hätten. Die Angst, dass man jemanden aufgebe und es nur ums Sterben gehe, sei tief verwurzelt. «Zu Unrecht», betont Affolter, «wir stellen keine Therapien oder Medikamente einfach so ein, sondern schauen, was wirklich hilft. Uns geht es darum, mit zusätzlicher Unterstützung Leiden zu mindern und die verbleibende Lebenszeit zu erleichtern.» Dazu gehöre etwa auch, Medikamente besser einzustellen, damit eine Rückkehr nach Hause wieder möglich sei. Die Nachbetreuung könnten dann die Spitex und der mobile Palliativdienst Emmental-Oberaargau übernehmen (siehe unten).

Mobiler Palliativdienst arbeitet auch mit Freiwilligen

Das spezialisierte Team des mobilen Palliativdienstes Emmental-Oberaargau betreut und unterstützt Klienten und Klientinnen und ihre Angehörigen in komplexen Situationen zu Hause. Nun soll ein Team von Frei-willigen das Angebot ergänzen. Dazu würden insbesondere im oberen Emmental noch Leute gesucht, sagt die Leiterin Birgit Nägeli. Eine
pflegerische Ausbildung werde nicht verlangt, einzig der Grundkurs in Palliativ Care sei erforderlich. «Man muss zum Beispiel damit umgehen können, dass jemand während des Einsatzes verstirbt.» Oft gehe es darum, die Nachtwache zu übernehmen, für die Patientinnen und Patienten da zu sein, sie mit kleinen Handreichungen zu unterstützen, so dass

die Angehörigen entlastet würden, erklärt Nägeli. Für die Klientinnen und Klienten sei der Dienst kostenlos. Die Freiwilligen erhalten die Spesen sowie die Kurskosten erstattet.


Keine Konkurrenz

Es gibt bereits ähnliche Angebote von anderen Organisationen, etwa vom Verein Begleitung Schwerkranker oder vom SRK. Das sei ihnen bewusst, sagt Nägeli. Sie sähen sich aber nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung. «Bei unseren Klientinnen und Klienten ist die Lebenserwartung oft kurz, einige Wochen oder Monate, und die Situation komplex.» Deshalb könnten die Freiwilligen rund um die Uhr einen Pikettdienst anrufen. Hinter dem mobilen Palliativdienst stehen Spitexorganisationen sowie die Spitäler Emmental und Region Oberaargau.

27.02.2025 :: Silvia Wullschläger (sws)