Caquelon um Caquelon wird bereitgestellt, um den Gästen im Tiger-Saal serviert zu werden. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Langnau: Vor und während der Heimspiele werden Tausende Eishochey-Fans verköstigt. Das funktioniert nur dank einer umsichtigen Planung und grossem Einsatz.
«Heute gehts früh los», meint Doris Steiner. Um 17.45 Uhr ist Türöffnung vor dem Stadion, doch zu diesem Zeitpunkt stehen bereits die ersten Gäste im Tigersaal, wo ein Bereich für die 280 Fondue-Gäste abgetrennt ist. «Wir sind heute wieder ausverkauft», meint Daniela Brand, die sich um die Reservationen kümmert. Das war in diese Saison schon bei einigen Spielen der Fall und gilt auch für die weiteren Gastro-Angebote, die im Voraus gebucht werden können. Beim heutigen Spiel gegen Kloten sind alle 750 Plätze vergeben - das Eisstadion wird zu einem riesigen Restaurant.
Volle Tabletts, gefährliche Jacken
Während laufend Gäste an ihre Plätze gewiesen werden, rührt in der Küche beim Tigersaal eine Crew im Fondue. Ohne Unterbruch drucken kleine Geräte in der Küche und beim Buffet neue Bestellung-Coupons aus. Tablett um Tablett wird mit Gläsern, Flaschen, Caquelons und Beilagen beladen und umgehend serviert. Zwischen den vier Tischreihen ist wenig Platz. Das Servicepersonal weicht geschickt hereinströmenden Gästen aus. «Man muss darauf achten, dass man nicht
an einer am Stuhl aufgehängten Jacke einfädelt», hat eine Angestellte die Erfahrung gemacht. Sagts und greift Körbchen voller Brotstücke. Wenn man das Geschehen am Buffet eine Zeit lang beobachtet, kommt einem automatisch ein Bienenhaus in den Sinn. Die Arbeiterinnen schwärmen unermüdlich aus und auch im Innern brummts. «Wir sind ein gut eingespieltes Team», meint Doris Steiner, die diesen Betrieb leitet. «Wir haben nicht viel Zeit, um 19.30 Uhr wollen dann alle zu ihren Plätzen im Stadion.» Obwohl sie eine der wenigen ist, die über eine Ausbildung im Service verfügt, werden die Gäste professionell bedient. «Wir haben einen guten Mix an Leuten, der harte Kern ist praktisch bei jedem Spiel dabei», meint sie. Bei jedem Spiel mit dabei sind auch Roger Zwahlen und Kurt Schenker, als Gäste. Seit über zehn Jahren essen die beiden stets ein Fondue vor dem Match. «Das ist ein Ritual. Und das Fondue ist uns nie verleidet», meint Kurt Schenker und sein Schwager nickt anerkennend. Weil man immer neben anderen Leuten sitze, komme man automatisch mit anderen Fans in Kontakt. Das heutige Thema bei den Gesprächen ist klar: Das wichtige Spiel gegen den EHC Kloten.
Erfahrung und Spielstand
Weniger Gedanken um den Match macht sich Heinz Schärer – eher um Hamburger, Schnitzelbrote, Pommes und Co. Er ist verantwortlich für das Pommes-frites-Häuschen sowie den Bratwurst- und Bierstand vor dem Stadion. Mit seinem Wägeli holt er in der Küche Nachschub und liefert diesen an «seine» Stände. «Achtung. Uf d Syte», hört man ihn rufen, wenn er durch die Fans auf dem Vorplatz kurvt. Heute sei nicht so ein «Gstungg», meint er. An den Samstagen kommen die Fans früher, und weil ausverkauft ist, gehen sie beizeiten an ihre Plätze. Heinz Schärer packt schon seit 25 Jahren bei der Bewirtung der Fans mit an. Dabei hat er eine grosse Entwicklung miterlebt. «Zuerst die Pommes-frites-Hütte hinter dem Stadion, das Fandorf auf dem Vorplatz, dann kam der grosse Schritt mit dem Tigersaal und der Jakob-Galerie und nun noch die Brasserie», fasst er zusammen. «Ein so abwechslungsreiches Ange-bot wie in Langnau gibts nicht in vielen Eishockeystadien», meint er. Heute laufen die Pommes und die Chnoblibrote besonders gut. Er macht sich wieder auf den Weg Richtung Küche, um Nachschub zu holen. «Wir wissen aus Erfahrung ziemlich genau, von was es wie viel braucht», erklärt Schärer bei der Fahrt mit dem Lift hinauf zur Küche und fügt an: «Und dann kommt es noch ein wenig auf den Spielstand an.» Bei einem Sieg der Tigers brauchts nach dem Spiel mehr Ware, nennt er ein Beispiel. Wie stehts eigentlich? «Keine Ahnung», meint Schärer. Oben in der Küche ein Blick auf den kleinen Bildschirm: Langnau liegt 0:1 im Rückstand. Die Hauptküche im zweiten Stock ist das Herz des Gastrobetriebs und das Reich von Küchenchef Klaus Wanninger. Er schaut ab und zu auf den Bildschirm. Das Resultat interessiert ihn zwar auch, aber noch viel mehr, wie lange das erste Drittel noch dauert. Auf der Jakob-Galerie, wo sich die Gäste an einem reichhaltigen Buffet bedienen konnten, muss nämlich zu Beginn der ersten Pause das Dessert, Schwarzwälder Kirschtorte im Glas, auf dem Tisch stehen. «Bereit?», erkundigt sich Klaus Wanninger, die zuständige Köchin nickt. Wieder wird der Lift geordert, der pausenlos in Betrieb ist. Oben in der Galerie herrscht eine eigenartige Ruhe. Alle Gäste sitzen auf der Tribüne, drinnen stellt das Personal bei jedem Platz das Dessert hin und ordnet Gläser und Servietten so an, dass es einen guten Eindruck macht. «Haben wir alle?», fragt eine der Frauen. «Ja, ich habe alle kontrolliert», antwortet ihre Kollegin. Von den Gästen unbemerkt, sind sie wieder verschwunden. Am heutigen Abend stehen über alle Gastro-Angebote gesehen 120 Personen im Einsatz. «Ich möchte die Leute nicht missen», bringt es der Küchenchef auf den Punkt. «Sie machen das nicht einfach fürs Geld. Sie tragen auch einen Tiger auf der Brust.»
«Das ist schon gigantisch»
Kurz vor Ende des ersten Drittels strömen die ersten Fans wieder in den Tigersaal. Nichts erinnert mehr an das Fondue-Restaurant. Die Wände, die diesen Bereich abgetrennt haben, sind zur Seite geschoben, die Tische geputzt, die Stühle zurecht gerückt. Die Frauen, welche zuvor Caquelons gestemmt haben, bedienen nun an den Kiosken. An einem Match werden insgesamt rund 2500 Liter Bier getrunken sowie um 500 Kilogramm Pommes und 1000 Würste verspeist. «Das ist schon gigantisch», meint Klaus Wanninger. Der Küchenchef mit Wurzeln in Bayern hat schon in einigen grossen Gaststätten gearbeitet. Was zeichnet diese hier aus? «Die Vielfalt», meint er ohne gross zu überlegen. «Hier hast du alles, von der Pommes-Bude, über Menus für die Brasserie bis zum gehobenen Buffet in der Galerie.» Der Küchenchef wirkt gemütlich. Aber, er hat eine klare Linie. «Ich will Qualität. Das heisst, dass ich auch an einem Kiosk draussen keine gummigen Pommes dulde.» Das zweite Drittel läuft, es wird nach wie vor gekocht. «Das ist für die Mannschaft. Das sind unsere letzten Gäste», erklärt Wanninger, der um 9.00 Uhr angefangen hat. «Zirka um Mitternacht ist Schluss. Es sind anstrengende Tage. Aber es macht auch Spass.»