Unabhängig voneinander äusserten zwei Leute mir gegenüber Befremden darüber, dass ich in meiner letzten
Kolumne das Wort «Marmelade» verwendet habe, ein allzu deutsches Wort, einer dieser Germanismen, von welchen unsere Sprache immer mehr durchdrungen werde. Ich hätte doch stattdessen viel lieber das so viel schönere, weil schweizerdeutschere Wort «Konfitüre» verwenden können, so die Kritik. Das ist in zweierlei Hinsicht lustig: Zum einen wird moniert, dass in einem Text in deutscher Sprache ein zu deutsches Wort vorkommt, zum zweiten ist «Konfitüre» ja eigentlich französisch. Über Geschmack lässt sich streiten, über Stil auch. Es wäre mir zuwider, müsste ich mich dem Diktat der Dialektkonservierung unterjochen und dürfte fortan nur noch in gotthelfischer Manier mit Helvetismen um mich schmeissen. Nein, danke. Sprache ist mein Schlaraffenland. Ich sehe Reichtum in der Vielfalt. Genüsslich wähle ich, ob ich mir Marmelade auf die Stulle schmiere oder Konfitüre auf die Schnitte streiche. Und im Gegensatz zu diesem spitzmäuligen «Konfitüre» ist «Marmelade» nun mal so ein sinnliches Wort. Es perlt und rollt auf der Zunge. Marmelade, Marmelade, ein Wort zum abschlecken. Es hat seinen Ursprung übrigens im Portugiesischen, von wegen Germanismus und so.
Sprache ist nicht statisch. Wörter ändern ihre Bedeutung, neue stossen hinzu, andere geraten in Vergessenheit. Wer weiss denn heute noch, was ein Gloschli ist, ein Gelleretli, eine Trütsche oder eine Hundsfirgge? Sprache ist aber auch Identität. Empfindet man ihren Wandel als Zerfall, kann das Ängste schüren. Insofern sind die Reaktionen auf meine Wortwahl nachvollziehbar. Ich bezweifle jedoch, dass mein Kolümnchen massgeblich zur Verwässerung der Schweizer Kultur beiträgt. Einen viel grösseren Einfluss hat da wohl die grassierende Sparwut im Medien- und Kulturbereich. Noch und noch werden Gelder gestrichen und Formate eingestellt, nicht selten solche, welche auch künstlerischem Schaffen mit der Mundart eine Plattform böten. Bezeichnenderweise sind es auf politischer Ebene oft dieselben Leute, die Sparmassnahmen in der Kulturförderung fordern und gleichzeitig über kulturellen Niedergang klönen. Wie dem auch sei. Ich danke für die aufmerksamen Rückmeldungen. Dialog ist wichtig. Gemeinsam gelingt es uns, die Schönheiten unserer Sprache zu pflegen und gleichzeitig Vielfalt zuzulassen. Ich bemühe mich, meinen Teil beizutragen und werde künftig seltener Germanismen lancieren, dafür mehr Helvetismen droppen.