Schadet die einstige Deponie der nahen Emme oder dem Grundwasser?

Schadet die einstige Deponie der nahen Emme oder dem Grundwasser?
Meter für Meter werden Bohrkerne aus dem Erdreich geholt, wo früher Abfall entsorgt wurde. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Signau: Weil sich die Deponie Hübeli unmittelbar an der Emme befindet, wird diese untersucht. In den nächsten Jahren werden zig weitere belastete Standorte unter die Lupe genommen.

«Obwohl an der Stelle bis vor ein paar Jahrzehnten Abfall entsorgt wurde, weiss man eigentlich wenig über die Deponie Hübeli», berichtet Hans Neuenschwander, Gemeinderat mit dem Ressort Ver- und Entsorgung.
In Protokollen sei kaum etwas über diese «Grube» zu lesen und auch die Befragung älterer Bewohner habe wenig Konkretes über das dort deponierte Material ergeben. «Wir gehen davon aus, dass Haushaltabfall oder Material von Baustellen deponiert wurde», sagt der Gemeinderat weiter. So seien gemäss Zeitzeugen Teile des alten Spitals Langnau an der Stelle östlich der alten Holzbrücke entsorgt worden.


Was wurde dort deponiert?

Detailliertere Antworten will man den Bohrkernen entlocken, welche eine spezialisierte Firma am Montag aus dem Untergrund geholt hat. «Am ersten Standort sind wir in einer Tiefe von 17 Metern auf Fels gestossen», ist vor Ort zu erfahren. Die Kerne werden in ein Meter langen Kunststoffbehältern gelagert. Auch einem Laien fallen die verschiedenen Schichten auf. Dort, wo der Abfall vermutet wird, ist farbiger Kunststoff aber auch Backstein zu erkennen.

Marc-Olivier Häberling, Geologie-Büro Kellerhals+Häfeli, erklärt, dass so weit in die Tiefe gebohrt werde, bis man auf Fels oder eine zusammenhängende Grundwasserströmung treffe. Die Bohrkerne, welche einen Durchmesser von 15 Zentimeter aufweisen, würden anschliessend geologisch untersucht. Man bestimme, ob es Fremdanteile wie Baustoffe oder Siedlungsabfälle habe und wenn ja, wie viel. Weiter würden Feststoffproben entnommen für allfällige weitere Untersuchungen. Ein besonderes Augenmerk wird bei dem Ablagerungsstandort dem Grundwasser geschenkt. «Falls Wasser durch die Deponie läuft – Regenwasser oder ein seitlicher Zuflusses von Grundwasser – werden zu einem späteren Zeitpunkt noch Wasserproben entnommen», erklärt Häberling. Das Ziel sei insgesamt, zu beantworten, ob Sickerwasser der Deponie das Grundwasser verunreinige.


Ist die Verbauung in Ordnung?

Ein Emme-Hochwasser ist der Grund, warum diese Deponie bereits jetzt unter die Lupe genommen wird. Im Dezember 2023 hatten Wassermassen an dieser Stelle das Ufer angerissen, sodass Abfälle aus der Deponie in die Emme gelangten. «Die Schwellenkorporation hat eine Verbauung mit in den Boden gerammten Eisenbahnschwellen und liegendem Holz erstellt», berichtet Hans Neuenschwander. Die laufende Untersuchung, für die der Gemeinderat einen Kredit von 43´000 Franken bewilligt hat, soll auch zeigen, ob die Verbauung so in Ordnung ist.

Deponie Hübeli: Die Spitze des Müllberges

Untersuchungen wie im Gebiet Hübeli, Signau, dürften in den kommenden Jahren noch an vielen Standorten durchgeführt werden. Auf der Karte, welche die belasteten Standorte im Kanton Bern zeigt, sind viele farbige Stellen zu erkennen. Das verwundert wenig: Die Pflicht, Siedlungsabfälle in einer Verbrennungsanlage zu entsorgen, wurde erst im Jahr 2000 eingeführt.

«Im Kataster des Kantons Bern sind gegenwärtig über 1900 Ablagerungsstandorte eingetragen. Von diesen dürften rund 650 einen Gewässerraum tangieren», erklärt Oliver Kissling, Co-Leiter des Fachbereichs Altlasten beim kantonalen Amt für Wasser und Abfall (AWA). Müssen alle geprüft werden? «Nur» solche, bei denen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass von ihnen eine schädliche Wirkungen ausgehe. «Wie viele dieser Standorte schlussendlich altlastenrechtlich untersucht werden müssen, wird eine Erhebung ergeben, welche gegenwärtig von unserem Amt ausgearbeitet wird», sagt Kissling.


Bund zahlt bis 2032

Nebst der hohen Zahl an Untersuchungen spielt ein weiterer Faktor eine Rolle: die Zeit. Der Bund subventioniert bis ins Jahr 2032 solche Altlasten-Untersuchungen. Daher will das kantonale Amtes für Wasser und Abfall, bis zu diesem Termin alle notwendigen Untersuchungen abgeschlossen haben.

Bei den anfallenden Kosten der Untersuchungen gilt grundsätzlich das Verursacherprinzip. «Bei Gemeindedeponien muss die Gemeinde die Untersuchungen vorfinanzieren», orientiert Oliver Kissling weiter.
40 Prozent der Untersuchungskosten werden nach Abschluss der Arbeiten vom Bund zurückbezahlt.

27.03.2025 :: Bruno Zürcher (zue)