«Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!», riefen die Menschen Jesus zu und warfen Palmzweige vor ihm auf den Boden, als er am Palmsonntag seinen Einzug in Jerusalem auf einem Esel reitend inszenierte. Das Volk erkannte sofort darin die Erfüllung des Prophetenwortes: «Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und Helfer, arm, der auf einem Esel reitet, auf dem Füllen einer Eselin» (Sacharja 9). Endlich würde der Messias das Volk Israel von der römischen Herrschaft befreien und sich auf den Thron des lang ersehnten Friedensreiches Gottes setzen: «Weg, weg, mit dem Kaiser!» Dass der Messias aber nicht auf einem starken Ross sass, wurde vom Volk ignoriert. Wenige Tage später führte der römische Statthalter Pilatus den gegeisselten Jesus mit Purpurgewand und aufgesetzter Dornenkrone spöttisch dem Volk vor: «Siehe, euer König!» Wieder ertönten Rufe aus der Menge, aber ganz andere. «Weg, weg mit ihm! Kreuzige ihn!» Selbst der römische Kaiser war ihnen lieber: «Wir haben keinen König ausser dem Kaiser.» Das Volk erwartete den mächtigen König, den starken Mann! Und sie sahen einen, der sich ohnmächtig von den Römern erniedrigen liess. Die Erwartung des Volkes teilten auch die Jünger Jesu, die ihren Meister in dieser Stunde verlassen hatten. Erst im Licht von Ostern verstanden sie, was Jesus von sich selbst gesagt hatte: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt.» Dass er nämlich durch Selbsthingabe zur Herrschaft kommen würde, und nicht durch Selbstsucht wie die Autokraten dieser Welt. Das Kreuz wurde zum Siegeszeichen: Jesus Christus ist der Herr! Ihm allein gehört die Welt und mein Leben. Kaiser Julian, der im 4. Jahrhundert diesen Glauben zurückdrängen wollte, musste auf dem Sterbebett die unbesiegbare Macht des Gekreuzigten erkennen: «Endlich hast du gesiegt, Galiläer!»